Vom Essen seltsamer Tierchen und unserem ersten Aufenthalt im Dorf

Natürlich waren wir am Montag schon ein wenig aufgeregt. Satheet hatte die letzte Unterschrift vom Gouverneur noch morgens bekommen unserem ersten „Einsatz“ sollte nichts mehr im Wege stehen. Wir konnten unsere Fahrräder im Haus der Bambusschule deponieren worüber wir natürlich sehr froh waren. Um 10 Uhr kam das Boot direkt bei der Bambusschule an und wir konnten unsere Sachen verladen. Mit von der Partie waren Isabel, Satheet, Frank und Martin (zwei „ältere“ Voluteere und wir. Das Dorf in dem wir eingesetzt werden sollten liegt etwa 1,5 Bootsstunden Flussabwärts. Die Fahrt dorthin war sehr schön. Links und rechts hohe Berge und Dschungel der ab und an von kleinen Ansiedlungen unterbrochen war. Auch diese Häuser und Dörfer sind nur mit Booten zu erreichen. An einem steilen Felsen fuhren wir ganz langsam vorbei und Satheet zeigte uns Felsmalereien. Mehr sollen wohl noch unter der Wasseroberfläche sein denn der Nom Ou ist unterhalb von Nong Khiaw schon aufgestaut. An diesem Fluß bauen die Chinesen insgesamt 5 Staudämme zur Erzeugung von Elektrizität. Dieser Strom gelangt dann nach China und wird zum Teil wieder nach Laos verkauft. Ist schon ein wenig irrsinnig. Als Entschädigung für die Bevölkerung die von den Staudammprojekten in Mitleidenschaft gezogen werden bauen die Chinesen Häuser für die Betroffenen. Interessant hierbei ist auch dass manche Häuser auch Kühlschränke von den Chinesen gesponsert bekommen. Das macht sich natürlich für die Chinesen bezahlt weil die Besitzer ja dann wiederum von der Stromlieferung von China abhängig sind. Muss man alles nicht verstehen.

 

 

Nach etwas mehr als einer Stunde Fahrt sind wir dann in Khon Kuen angekommen. Die kleinsten Bewohner kamen uns natürlich gleich freudig entgegen, Falange werden wir genannt was soviel wie Fremder bedeutet aber eigentlich Franzose heißt. Frankreich war hier ja im 19ten Jahrhundert einer der vielen Kolonialmächte und hat sich hier in Laos nicht mit Ruhm bekleckert. Zu unserer Überraschung lag auf der anderen Flußseite ein weiterer Ort der über eine Straße erreichbar ist. Auch sahen wir Stromleitungen über den Fluß nach Khon Kuen. Hier haben die Chinesen für Strom aus ihrem Kraftwerk gesorgt. Einige Häuser haben auch Strom, jedoch nicht alle. 

Nach dem Ausladen führte unser erster Weg zum Naiban, dem Dorfoberhaupt. Bei ihm sollten wir die nächsten Tage und Wochen wohnen und auch unser Essen bekommen. Wir durften dann gleich in unsere Hütte einziehen. Diese war eigentlich recht komfortabel zumindest wenn man sie mit den anderen Hütten im Dorf vergleicht. Sie stand etwa 100 Meter neben dem Haus des Naiban. Wir hatten Strom allerdings kein Wasser. Vom Balkon (ja, wir hatten einen richtig netten Balkon) hatte man einen tollen Blick übers Dorf. Ein Nachteil dieses Balkons war aber dass er zwar überdacht war aber nur für Zwerge gedacht war. Ich habe mir zumindest die ersten Tage ganz ordentlich den Schädel angeschlagen. Auch Silke konnte sich nur gebückt darauf bewegen. 

 

 

Wir gingen dann ein paar Meter weiter zum Haus in dem der Rest der Mannschaft untergebracht war. Anschließend ging es dann auf die Baustelle. Dort wurden wir den drei Laoten, die auch aus Nong Khiaw stammen vorgestellt. Die drei sind recht erfahrene Bauarbeiter und für die Bambusschule ein Glücksgriff. 

 

 

Danach war schon wieder Mittagessen angesagt. Wie gesagt fand das Essen im Haus des Bürgermeisters statt. Die Frau des Bürgermeisters sollte uns für die nächsten Tage bekochen was ihr im Großen und Ganzen recht gut gelungen ist. 

Zum Essen muss ich ein wenig ausholen. Es bestand im Wesentlich immer aus sticky Rice dem Grundnahrungsmittel der Laoten. Diesen gab es morgens mittags und abends. Der Reis wird mit der Hand aus dem Behälter genommen, dann formt man mit der Hand kleine Kugeln die danach in eine Soße, meist Chili getunkt wird und dann gegessen wird. Ich habe lange gebraucht um mich an den Geschmack von sticky Rice zu gewöhnen aber mit der Zeit fand ich das gar nicht mal so schlecht. Der Reis hat hier in etwa die Funktion unseres Brotes. Man sieht morgens die Kinder in die Schule gehen mit einer Handvoll Reis das sie dann genüsslich essen. Morgens gab es zum Reis meistens eine Suppe, oft Fischsuppe was ja durch die Nähe zum Fluß naheliegend ist. Und wir hätten so gerne mal einen richtig schönen Kaffee gehabt. Gibt es aber nicht. Auch ein sehr interessantes und recht gut schmeckendes Gemüse, ähnlich unserer grünen Bohnen gab es. Mittags dann natürlich wieder Reis und ab und an auch Nudeln, ähnlich unserer Spaghetti. Omelett gehörte auch ab und an auf dem Speiseplan. Gegessen wird übrigens immer aus einer großen Schüssel in die alle kräftig zulangen. Ab und zu gab es den Fisch auch vom Grill wo er mir bedeutend besser schmeckte. Am ersten Tag gab es übrigens auch gegrillte Ratte von der jeder mal probieren durfte. Schmeckt gar nicht mal so schlecht, Zum Nachtisch dann leckere Bananen, es war gerade Bananenernte die gleich vom Feld frisch auf den Tisch kamen. Wir haben sehr viel neue Gerichte probieren dürfen. Fleisch ist recht selten dabei und wenn dann meist gekocht und das ist nicht gerade meine Lieblingsspeise. Hähnchen werden nicht wie bei uns in entsprechende Teile angerichtet sondern alles wird vor dem Kochen bzw. Braten in Stücke gehackt. Wie gerne hätten wir mal an einem richtigen Hähnchenschlegel genagt oder in eine Hähnchenbrust geschnitten. 

Nach dem Mittagessen ging es gegen 14 Uhr auf die Baustelle. Den Bau der Schule bzw. deren Größe will ich kurz beschreiben. Die Schule wird oberhalb des Dorfes gebaut. Von dort hat man eine fantastische Aussicht über das  Dorf und auf den Fluss. Die Schule wird insgesamt drei Klassenräume und ein Lehrerzimmer bekommen. Das ganze Gebäude ist ca. 25x8 Meter groß und die hauptsächlichen Bauarbeiten werden ausschließlich in Beton und Zementsteinen gemacht. Dieses Material ist wesentlich langlebiger als Holz. Selbst der Firstbalken wird in Beton gegossen. Als wir ankamen waren die wesentlichen Rohbaumaßnahmen abgeschlossen. Es standen alle Wände und die drei Bauarbeiter waren damit beschäftigt die Unterbaukonstruktion für die Querbalken und den sog. Ringanker zu bauen. Unsere Aufgabe für die nächsten Tage bestand darin die für die Träger notwendigen Armiereisen zu präparieren bzw. zu bauen. Hier in Laos wird wirklich alles von Hand gemacht. Nicht einfach bei einem Baustoffhändler seines Vertrauens mal eben 300 m vorgefertigte Armiereisen bestellt, an die Baustelle geliefert und womöglich mit dem Kran auf die Schalung gehoben. Nein hier wird alles von Hand gemacht. Dazu werden entsprechende Quadrate bzw. Rechtecke (10x10 cm bzw 10x15cm) aus stabilem Draht gebogen. Dann werden vier daumendicke Stahlstäbe durch diese Rechtecke geschoben und die dicken Stahlstäbe werden dann an jede der vier Ecken des Rings mit Draht gebunden. Alle 15 cm kommt solch ein Quadrat bzw. Rechteck zum Einsatz so dass man erahnen kann wieviel solcher Rechtecke man für den ganzen Bau benötigt. Der so entstandene „Käfig“ wird dann in die Schalung eingebracht und später mit Beton ausgegossen.

 

 

Um 5 Uhr war für uns Schluß auf der Baustelle und wir „genossen“ die Dusche im Haus des Bürgermeisters. Dusche aus dem großen Wassertank mit Eimern. Natürlich kalt. Um 19 Uhr gab es dann für alle Essen. Zutaten bzw. Speiseplan siehe weiter oben.

Recht müde krochen wir dann in unser Zelt zurück und schliefen natürlich recht gut. Ach ja ich habe vergessen zu erwähnen dass wir unser Zelt innerhalb unserer Hütte aufgeschlagen haben. Hauptsächlich eigentlich als Moskitoschutz denn Martin berichtete dass er bei seinem letzten Besuch hier von einem Skorpion in seinem Bett gestochen wurde und darauf können wir wirklich verzichten. 

Isabel und Satheet besuchten am anderen Tag die einzelnen Familien im Dorf und kontrollierten die Wasserfilter, die die Organisation letztes Jahr hier ausgeliefert hatte. In einer der Hütten fanden sie nur einen 12 jährigen Jungen und auf die Frage wo denn seine Eltern wären antwortete er dass er keine Eltern mehr hat. Beide sind gestorben. Er wohnte hier völlig allein in einer wirklich sehr erbärmlichen Hütte. Die Beiden fragten ihn ob er denn irgend etwas brauchen könnte. Darauf antwortete er dass er keinen Tisch und keinen Stuhl hat an dem er seine Hausaufgaben machen könne. Isabel und Satheet kamen sehr deprimiert zum Mittagessen und die Situation des Jungen konnte der Bürgermeister bestätigen. Spontan entschlossen wir uns einen Tisch und einen Stuhl für ihn zu bauen. Da ich einen Tag vorher für unseren Balkon eine Bank gebaut hatte kam die Bitte natürlich an mich. Mir sollte es recht sein. Holz bearbeite ich sowieso lieber als Eisen bzw. Beton. Also machte ich mich Nachmittags an die Arbeit. Von den Resten des Bauholzes sägte ich mir entsprechende Latten und Bretter zurecht und fertigte dort einen kleinen Tisch für den Jungen. Alles ein wenig improvisiert. Ich hatte zwar Gott sei Dank einen Elektrohobel zur Verfügung aber sowohl Leim als auch Spaxschrauben, beides Fehlanzeige. Nägel und entsprechende Überplattungen mussten genügen. Auf die gleiche Art fertigte ich dann noch einen entsprechenden Stuhl an. Ein paar Tage später übergaben wir dem Jungen die beiden Teile. Er war sichtlich überfordert als wir ihm die Teile brachten. Überschwängliche Freude können Laoten nicht anzeigen. Das liegt wohl in deren Mentalität. Am anderen Tag brachte uns der Junge dann Bananen. Er wohnte nur etwa 100 Meter neben unserer Hütte.

 

Mittwochabend gab es dann auf der Baustelle ein kleines „Begrüßungsfest“ mit Bier und dem obligatorischen Lao Lao einem selbst gebrannten Reisschnaps. Der Inhalt der Flasche war allerdings nicht besonders appetitlich (siehe Bild). Aber angeblich hilft das Trinken aus dieser Flasche dass einem, sollte man von solch einem Tier gebissen werden der Stich nicht wehtut. Wir wollen beides nicht ausprobieren. Obwohl den Lao Lao mussten wir natürlich probieren ansonsten wären wir doch in den Augen der Laoten „untergegangen“. Bisher sind wir noch nicht blind vom Genuss des Lao Lao.

 

Am Samstag fuhren dann die vier wieder zurück nach Nong Khiaw und wir waren die nächste Woche allein im Dorf. Noch am gleichen Tag war auf der Baustelle betonieren angesagt. Aus dem Dorf kamen jede Menge Leute und halfen kräftig beim betonieren. Wir waren sicherlich knapp 20 Personen die allerdings auch nötig waren. Galt es doch den Beton eimerweise auf die Schalung hochzubringen. Immerhin knapp 5 Meter. Am Abend waren wir dann mit der ersten Hälfte des Ringankers fertig. Mehr Schalbretter hatten wir nicht zur Verfügung und mussten warten bis die erste Konstruktion ausgehärtet war und wir deren Material zur Verfügung hatten. Das Aushärten dauert bei diesen Temperaturen gar nicht so lange so dass wir Montags schon wieder mit der Schalung anfangen konnten.

Am Sonntag war allerdings Ruhe auf der Baustelle. Die Laoten hier im Dorf haben alle 10 Tage „ihren Sonntag“ an den sie keine größeren Arbeiten machen. Wir wanderten an unserem freien Tag in ein kleines Dorf das eigentlich früher der Platz für dieses Dorf war. Die Dorfbewohner siedelten vor einiger Zeit näher an den Fluß zum heutigen Khon Kuen. 

 

 

An dieser Stelle will ich das jetzige Dorf kurz beschreiben. Im Moment besteht es aus 116 Hütten bzw, Familien. Die Zahl ist deswegen so exakt weil genau so viel Wasserfilter ausgeliefert wurden. Dank der Chinesen haben sie seit einiger Zeit Strom hier im Dorf wenn auch nur wenige Häuser einen Anschluß haben. Diejenigen die Strom haben zeigen dies auch sehr lautstark denn von morgens bis abends beschallen sie das übrige Dorf mit Musik; meist aus Thailand. Fließendes Wasser haben sie ebenfalls seit einigen Jahren. Dazu wurde oberhalb des Dorfes ein größerer Wassertank gebaut und der beliefert das Dorf mit Wasser. Allerdings haben ebenfalls nicht alle Häuser einen Anschluß bekommen. Leider gehen die Dorfbewohner sehr rücksichtslos mit dem Wasser um. Wir würden sagen verschwenderisch denn der Wasserhahn wird meistens offen gelassen, es könnte ja bald kein Wasser mehr fließen also wird versucht den eigen Behälter immer gefüllt zu haben. Sehr viele Kinder laufen hier herum wie eigentlich in ganz Laos. Andi und Steffi haben Laos als das Land der Kinder genannt. Dem Satz können wir nichts hinzufügen nur vielleicht eines, die Regenzeit dürfte vor etwa neun Monaten gewesen sein. Die zugehörigen Reisfelder der Bewohner liegen alle sehr weit außerhalb. Hierzu müssen die Bewohner drei Stunden morgens wandern und die gleiche Zeit wieder zurück. Alles natürlich zu Fuß. Das Leben hier ist sehr einfach aber wir haben den Eindruck dass sie sehr zufrieden sind. Abwechslung gibt es alle 10 Tage wenn auf der anderen Flussseite Markt ist. Dann werden alle zur Verfügung stehenden Boote geschnappt und ans andere Ufer bewegt.

Die restlichen Tage bis zu unserem freien Wochenende vergingen recht schnell. Die Frau des Bürgermeisters die uns bekocht hat uns wohl so etwas wie ins Herz geschlossen. Wir bekommen immer reichlich zu essen und wenn wir dann schon bald signalisieren dass wir satt sind bringt sie immer noch einen Nachschlag.

Am Freitag ging es dann mit dem Boot des Bürgermeisters zurück nach Nong Khiaw. Wir bezogen ein nettes Guesthouse direkt am Fluß mit einem schönen Balkon mit toller Aussicht. Abends ging es dann natürlich gleich mal zu Mama Alex. Wir wollten unbedingt mal ein Gericht ohne Stick Rice und so gönnten wir uns einen Hamburger. Am Samstag dann endlich mal wieder einen richtigen Kaffee im Delilahs. Am Montag ging es dann wieder zurück ins Dorf. Zusammen mit Franki und Chei der neuen Volunteerin aus Malaysia. 

Die folgende Woche war recht kurz da erstens mal wieder der freie Tag (alle 10 Tage wird nicht gearbeitet) war und wir am Freitag schon wieder zurück nach Nong Khiaw fuhren. Unser Visa läuft am Montag aus und wir müssen deshalb in die Provinzhauptstadt nach Luang Probang. Tja schon sind die ersten 30 Tage unseres Aufenthaltes in Laos beendet. Da die Verlängerung der Visa viel Zeit in Anspruch nimmt werden wir erst Mitte nächster Woche wieder zurück ins Dorf fahren. Wir sind schon gespannt wie weit der Bau in der Zwischenzeit vorangekommen ist. Bei unserer Abfahrt waren wir mit dem Einschalen des Firstbalkens beschäftigt. Wir gehen mal davon aus dass dieser in der Zwischenzeit dann wohl betoniert ist und wir dann langsam mit den Holzarbeiten anfangen können.

 

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